
Copiapoa cinerea, stark bedroht und sehr beliebt
An ihren natürlichen Lebenräumen sind viele Kakteenarten stark bedroht. Eine davon, Copiapoa cinerea, wählten die drei deutschsprachigen Kakteengesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Kaktus des Jahres 2026.
von Dr. Thomas Brand erschienen am 22.10.2025Klimakrise und Raubbau an der Natur führen zu einem globalen Artenschwund riesigen Ausmaßes. Davon bleiben selbst Überlebenskünstler wie Kakteen nicht verschont – im Gegenteil: Das Überleben einiger Arten, hochgradig angepasst an spezifische Lebensbedingungen, ist akut bedroht. Als Repräsentant solcher bedrohten Kakteen wählten die drei deutschsprachigen Kakteengesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz Copiapoa cinerea zum Kaktus des Jahres 2026.
Heimat ist die Atacama-Wüste
Die Gattung Copiapoa wurde nach der in der Atacama-Wüste gelegenen Provinz Copiapó benannt, in der einige der etwa 40 Arten vorkommen. Das Verbreitungsgebiet der Gattung liegt im Norden Chiles in je nach Art oft sehr begrenzten Teilgebieten: Nur wenige Arten besiedeln mehr als 100 km², einige weniger als 10 km². Diese stark begrenzte Verbreitung bedeutet ein höheres Überlebensrisiko bei lokalen oder regionalen Veränderungen der Umweltbedingungen und damit verbundenem Lebensraumverlust. Das gilt auch für C. cinerea, die nur in einem Gebiet von weniger als 100 km² beheimatet ist.
Bedrohte Lebensräume durch Klimawandel und Bergbau
In der Atacama, einer der trockensten Regionen der Welt, fällt nur sehr selten Regen, denn die Anden verhindern, dass Wolken aus dem Osten heranziehen, während der kalte pazifische Humboldtstrom im Westen das Entstehen von Regenwolken hemmt. Immerhin sorgt die kühle Meeresströmung an der Küste für relativ milde Temperaturen und Nebel in einem schmalen Küstenstreifen Nordchiles. Dieser Nebel versorgt viele der dort heimischen Pflanzen mit dem lebensnotwendigen Wasser. Jedoch kommt es aufgrund der klimatischen Verschiebungen zu geringerer Nebelbildung und damit zu Wassermangel. Letztlich sterben viele oder gar alle Pflanzen in den betroffenen Regionen ab – selbst Kakteen vertrocknen!
Dazu kommt, dass in dem Verbreitungsgebiet wertvolle Bodenschätze zu heben sind: unter anderem Lithium, Kupfer, Silber, Gold und Platin. Der Bergbau ist dementsprechend von größter wirtschaftlicher Bedeutung für die karge Region und Chiles Entwicklung. Nicht nur die großen Tagebaue, sondern auch der Ausbau der Infrastruktur wie Straßen, Siedlungen und Müllhalden beeinträchtigen die natürliche Umwelt, zerschneiden, entwerten und zerstören die Lebensräume.
1Begehrt bei Sammlern
Eine weitere Bedrohung ist die Attraktivität von C. cinerea! Aufgrund ihres extravaganten Aussehens mit – idealerweise – silbergrauer Epidermis und schwarzen Dornen ist sie weltweit sehr beliebt. Zwar ist die Art tatsächlich weit verbreitet in den Sammlungen, sie blüht und fruchtet willig und die Vermehrung aus Samen ist grundsätzlich nicht schwierig, doch in Kultur entstehen oft unbeliebte, weil undefinierte Kreuzungen aus verschiedenen Copiapoa-Arten. Für manche sind „Originalpflanzen“ leider besonders reizvoll: Kakteen aus der Natur zu entnehmen und sie nach Europa zu verschiffen, war bis in die 1970er-Jahre gang und gäbe, ist aber schon lange verboten und bei der großen Mehrheit der Kakteenfreunde verpönt. Dennoch gibt es auf dem Weltmarkt skrupellose Käufer, die Wilderei fördern, indem sie die geräuberten Pflanzen kaufen, obwohl das langfristige Überleben unwahrscheinlich ist.
Mit der Wahl zum Kaktus des Jahres 2026 soll die mehrfache Bedrohung von Copiapoa cinerea und anderen Kakteen bewusst gemacht werden.
Deutsche Kakteen-Gesellschaft e. V. (DKG), Geschäftsstelle, Heike Schmid, Bachstelzenweg 9, 91325 Adelsdorf, E-Mail: gs@dkg.eu, Tel.: 09195 – 9980381












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