
Neue Mücken, Grabwespen und eine schwarze Hornisse
Auch in Zukunft werden immer wieder aus fernen Ländern eingewanderte neue Insektenarten im Garten zu entdecken sein. Mittlerweile sind die folgenden fünf Neozoen hierzulande weiter verbreitet.
von Dr. Olaf Zimmermann erschienen am 25.04.2025Im neuen Jahrtausend sind einige eingeschleppte oder aus dem Süden zu uns eingewanderte Insektenarten unterwegs, die optisch auffallen. Es handelt sich um Arten, die vor allem im menschlichen Siedlungsraum auftreten und daher als synanthrop bezeichnet werden. Einige der neuen Arten kommen regelmäßig in die Schlagzeilen. Aber hier heißt es, mit Augenmaß zu reagieren. Auch wenn zum Beispiel das Auftreten der Asiatischen Hornisse schon das Ende der Honigbiene zu prophezeien scheint und ein nordamerikanischer Grillenjäger es auf unsere Heuschrecken abgesehen hat.
1Asiatische Tigermücke und Asiatische Buschmücke
Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) wurde in Deutschland 2007 zum ersten Mal nachgewiesen, hat sich seitdem im Südwesten etabliert und kommt vereinzelt bis Berlin vor. Sie stammt ursprünglich aus Südostasien und tritt in Europa seit Ende der 1970er-Jahre in Albanien auf. Auch wenn die schwarz-weiße Zeichnung der bis zu 1 cm großen Stechmücke charakteristisch erscheint, gibt es weltweit ähnlich gezeichnete Mücken, darunter die Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus), die als neue Art weniger bekannt ist und 2011 in Baden-Württemberg nachgewiesen wurde. Man kann die beiden Arten durch die weißen Striche auf dem Rücken und zwischen den Augen unterscheiden, die nur bei der Tigermücke zu sehen sind.
Die Biologie der beiden Mückenarten unterscheidet sich nicht wesentlich. Sie entwickeln sich als Larven in Pfützen und anderen temporären Gewässern. Aus den trockenresistenten Eiern der Asiatischen Tigermücke entwickeln sich die Larven, aus denen nach 10 bis 15 Tagen die Mücken schlüpfen. Es stellte sich heraus, dass Lager mit Altreifen und die grünen Steckvasen auf Friedhöfen wichtige Vermehrungsorte für sie sind. Im Garten sind es Regenfässer, Gießkannen, Eimer, leere Blumenkästen, Untersetzer, Vogeltränken, aber auch verstopfte Dachrinnen. Diese Behältnisse sollte man daher entleeren bzw. umgedreht lagern.
Mit Bacillus thuringiensis israelensis (Bti) kann man diese Mückenlarven zum Beispiel in der Regentonne gut biologisch bekämpfen. Es gibt Bekämpfungsprogramme mit sterilen Männchen, aber die Ausbreitung kann nur etwas eingebremst werden. Das Auftreten der exotischen Stechmücken ist, verschleppt durch menschliche Aktivitäten, weitgehend auf den Siedlungsraum beschränkt. Auffällig ist, dass die Asiatische Tigermücke tagaktiv ist; nur die Weibchen saugen Blut.
Grundsätzlich können beide Arten Krankheiten übertragen, die Asiatische Tigermücke zum Beispiel das Dengue-, West-Nil-, Chikungunya- und das Zika-Virus. Es gibt ein grundsätzliches Risiko, da auch Reisende exotische Krankheiten regional mit nach Deutschland bringen. Das ist aber bei Weitem nicht so aktuell wie FSME-Übertragung durch Zeckenbisse. In der Regel landen die mit einem der genannten Viren infizierten Personen im Krankenhaus, bevor sie von einer dieser Mücken gestochen werden.
Die Bevölkerung kann bei der Kartierung der neuen Stechmücken mithelfen: https://mueckenatlas.com/ .
Stahlblauer Grillenjäger
Der Stahlblaue Grillenjäger (Isodontia mexicana) wurde mutmaßlich über Marseille in den 1960ern nach Europa eingeschleppt. Er wird seit 1998 in Deutschland nachgewiesen und hat bis in die 2020er den Rheingraben besiedelt. Die bis zu 2 cm kleine Grabwespe ist braunschwarz gefärbt und schimmert im Licht bläulich. Auch die Flügel sind bräunlich gefärbt und der Hinterleib ist im vorderen Bereich sehr dünn und langgestreckt. Diese nordamerikanische Art ist südlich der Alpen bereits eine der häufigsten Grabwespen und wurde die letzten Jahre auch in Berlin und Hamburg nachgewiesen. Sie hat bisher, auch wenn sie ihre Nachkommen von Grillen und Laubheuschrecken ernährt, keine nachweisbaren Umweltschäden verursacht. Andererseits ist ihre fast invasive Ausbreitung sehr auffällig. Ihre Beute versteckt der Grillenjäger in den Nestern in Lücken an Fensterzargen oder im Insektenhotel in mehreren, hintereinander angelegten Brutzellen und stopft einige Grashalme nach. Diese hängen dann typischerweise heraus und sind für diese Art ein charakteristisches Merkmal an den Nisthilfen für Insekten. Die erwachsene Grabwespe ist harmlos und man findet sie regelmäßig als Blütenbesucher.
3Orientalische Mörtelwespe
Ebenso ungefährlich für Menschen ist die mit Brutfürsorge beschäftigte Orientalische Mörtelwespe oder Mauerwespe genannte Sceliphron curvatum. Auch sie ist eine Grabwespe mit bis zu 2 cm Länge, die eine typische schwarz-gelbe Färbung zeigt. Sie hat aber eine rötliche Grundfärbung, die sie von anderen europäischen Sceliphron-Arten unterscheidet. Sie hat wie Isodontia mexicana einen Hinterleib, der im vorderen Bereich extrem dünn und langgestreckt ist. Ursprünglich stammt sie aus Nordindien und trat Ende der 1970er in Österreich zum ersten Mal in Europa auf. 2002 wurde sie erstmals in Deutschland nachgewiesen. Sie ist inzwischen über weite Teile Deutschlands erfolgreich bis in den Norden verbreitet und ein eindeutiger Klimaindikator. Ihre eigentliche Besiedlungs- und Ausbreitungsgeschichte ist jedoch weitgehend unbekannt.
Die Mörtelwespe baut mit Speichel versetzte längliche Lehmtöpfchen, die wie kleine Ton-Amphoren aussehen und zimmert sie nebeneinander. Das kann in geschützten Bereichen, zum Beispiel in der Garage, einem Unterstand im Garten oder einem Bücherregal am offenen Fenster sein. Die künstlerisch anmutenden Tontöpfe sorgen dann zunächst für Verwirrung, weil man den Urheber in der Regel nicht bei der Arbeit beobachtet. Überraschend ist auch die Füllung der Lehmtöpfe. Die Mörtelwespe sammelt zur Ernährung ihres Nachwuchses für mehrere Brutzellen bis zu 30 Spinnen verschiedenster Gattungen pro Tag. Schäden für die Population der nützlichen Spinnen sind nicht dokumentiert, aber die Mörtelwespe breitet sich derzeit stark aus. Gegenüber dem Menschen sind alle Grabwespen trotz ihres Auftretens in Menschennähe nicht aggressiv.
4Asiatische Hornisse
Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) wird in Europa als eine Quarantäne-Art im Naturschutz bewertet. Durch eine verpflichtende Entfernung der Nester soll die Vermehrung der Jungköniginnen eingeschränkt werden. 2004 wurde sie wahrscheinlich mit Töpferwaren aus Asien nach Südwestfrankreich verschleppt und hat sich von dort über ganz Westeuropa ausgebreitet. Inzwischen ist ihre Ausbreitung seit 2014 so weit fortgeschritten, dass im Südwesten Deutschlands eine Entfernung logistisch oft nicht mehr umgesetzt werden kann. Nach einigen dutzenden Nestern zu Beginn der Invasion, waren es alleine in Baden-Württemberg 2024 über 1.000 Funde. Linksrheinisch und im Rhein-Main-Gebiet geht man inzwischen von einer flächigen Etablierung der neuen Hornissenart aus. Es gibt Nachweise zum Beispiel aus dem Ruhrgebiet, Hamburg und Berlin. Während die heimische Europäische Hornisse (Vespa crabro) schwarz-gelb, aber rötlich gefärbt ist, ist die Asiatische Hornisse schwarz-braun mit gelben Beinen und wenigen gelben Ringen am Hinterleib. Die Asiatische Hornisse ist mit etwa 2,5 cm etwas kleiner als die ebenfalls räuberisch lebende heimische Hornisse und hat wie sie eine breite Nahrungspalette. Im städtischen Bereich bilden Bienen den Hauptteil ihrer Nahrung. Die Nester sind mit 80 cm Durchmesser sehr groß und in Baumkronen und an Gebäuden in über 10 m Höhe zu finden. Die Völker sind deutlich größer als die der heimischen Hornisse. Mögliche Naturschäden sind nicht eindeutig dokumentiert, jedoch sollte man in betroffenen Gebieten Bienenvölker durch Hecken vor anfliegenden Hornissen schützen. Gegenüber Menschen sind Asiatische Hornissen als Blütenbesucher nicht aggressiv. Entsprechende Berichte beziehen sich nur auf Angriffe bei der Entfernung von Nestern.
Die Bevölkerung wird um Mithilfe gebeten: Bitte melden Sie Funde (mit Foto oder Video) der Asiatischen Hornisse der entsprechenden Landesanstalt für Umwelt in Baden-Württemberg: Meldeplattform für Asiatische Hornisse.
In den kommenden Jahren werden wir in Siedlungsbereichen zunehmend neuen Insektenarten begegnen, die durch die Globalisierung verbreitet und durch den Klimawandel etabliert werden. Zwar können einige dieser Neozoen problematisch sein, bisher geht von ihnen aber keine unmittelbare Gefahr bei einem Aufenthalt im Garten aus.
Zimmermann, Dr. Olaf: Spinnenläufer, Nosferatu & neue Schaben. Gp 2/2023. Insekten: Schau, was kommt von draußen rein? Gp 9/2021. Biologische Bekämpfung invasiver Schadinsekten. Teil 1: Schlupfwespen: Parasiten als Nützlinge. Gp 9/2020; Teil 2: Schlupfwespen aus fernen Ländern. Gp 10/2020.
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