
Gen-Sequenzen und Blühende Garten-Pracht
Als sei ein leuchtend buntes Tuch in die grüne Hügellandschaft des südlichen Harzvorlandes geweht, liegt das Europa-Rosarium zwischen Feldern und der Altstadt von Sangerhausen. Etwa 80.000 Sträucher wachsen hier, was den Ort zu einem Highlight unter den „Gartenträumen“ Sachsen-Anhalts macht. Aber es geht um mehr als romantische Träumerei. Im weltweit größten Rosarium blüht auch die Wissenschaft.
von IMG/Marlis Heinz erschienen am 27.08.2025Deutsche Genbank Rose bewahrt kostbares Erbgut
Es geht im Europa-Rosarium Sangerhausen nicht allein um die Pracht der Rosen, mit der die Königin der Blumen bekanntermaßen die jährlich etwa 100.000 Gäste bezaubern will. Tafeln in einigen Beeten erläutern, warum auch vergleichsweise empfindliche und kümmerliche Exemplare ihren Platz im Rosarium behalten dürfen. Neben all der Schönheit regiert hier nämlich die Wissenschaft, das heißt, einigen der wilden oder gezüchteten Rosen wird eine besondere Bedeutsamkeit zuteil: Sie sind in der Deutschen Genbank Rose (DGR) registriert. Solche Genbanken gibt es – angeregt durch den Umweltgipfel in Rio – für zahlreiche wichtige Kulturpflanzen, beispielsweise auch für Apfel oder Weizen. In Form von lebenden Pflanzen oft an mehreren Standorten soll wertvolles Erbgut gespeichert und für die Erhaltung oder für Neuzüchtungen bewahrt werden.
Die Deutsche Genbank Rose, das erste Teilnetzwerk der Deutschen Genbank Zierpflanzen (DGZ), entsteht seit 2009 in Sangerhausen. Lediglich die analytische Erfassung der Genstrukturen der Rose geschieht nicht im Rosarium, sondern beispielsweise im Rahmen von Projekten an der Leibniz Universität Hannover. „Dort wird ermittelt“, so erläutert Hawel das Herangehen der Forschenden, „welche Gensequenz für eine spezielle Eigenschaft der Pflanze verantwortlich ist, also beispielsweise für Blütenfarbe, Größe, Duft oder Widerstandsfähigkeit.“ Beim Züchten können dann mit Blick in die Gene der Ausgangssorten bestimmte Tugenden der künftigen Generation vorausberechnet oder Mängel verhindert werden.
Jährlich bis zu 100 neue Sorten in der Sammlung
Welche Sorten die Sangerhäuser Sammlung ergänzen und welche sogar mit der Aufnahme in die bislang 3.500 Sorten umfassende Genbank geadelt werden, bestimmen Hawel und anderen Experten immer wieder neu. „Für das Rosarium wählen wir jährlich 50 bis 100, vor allem deutsche und europäische Sorten aus. Außerdem integrieren wir in die Sammlung Wildrosen mit definierten Herkünften, seltene Sorten oder Rosen mit besonders herausragenden Eigenschaften. In die Genbank werden pro Jahr zwischen 150 und 200 Rosensorten und Arten nach deren Verifizierung, also der zweifelsfreien Bestimmung, aufgenommen.“
Darf sich Thomas Hawel angesichts seiner weiträumigen Aufgabe als Rosen-Gen-Bänker eigentlich zu einer Lieblingssorte bekennen? Er tut es: „Diese ändern sich immer wieder mal. Derzeit gefällt mir besonders die historische Portlandrose Mme. Boll (gezüchtet von Boll 1843). Aber auch die aktuellen Beetrosen Spotlight (Kordes 2023), Hansestadt Rostock (Tantau 2010) oder Darling (Noack 2024) gehören zu meinen Favoriten.“
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