
Erneute Bambusblüte
Öfters erreichen die Redaktion derzeit Anfragen bezüglich blühender Bambusse. Dr. Steffen Greiner von der European Bamboo Society (EBS) erläutert die Hintergründe der Blüte von Phyllostachys nigra var. henonis, der seit etwa 2020 wieder blüht.
von Dr. Steffen Greiner / European Bamboo Society erschienen am 26.05.2025Phyllostachys nigra var. henonis ist eine große, waldbildende Bambusart, die zwar ihren Ursprung in Ostasien, vermutlich in der chinesischen Provinz Hunan, hat, aber aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften nicht nur in vielen anderen Provinzen Chinas in Kultur ist, sondern auch beinahe weltweite Verbreitung erfahren hat. Obwohl nomenklatorisch Phyllostachys nigra var. henonis aus historischen Gründen nur der Status einer Varietät zukommt, würde man diese Form vom Habitus her und als deutlich wüchsigere Form eigentlich als die Stammform betrachten. Die schwächere Form, Phyllostachys nigra, wurde vermutlich früh wegen ihrer schönen schwarzen Halme selektiert und einfach zufällig zuerst beschrieben.
Seit etwa 2020 blüht P. nigra var. henonis weltweit und unterdessen haben sich einige wissenschaftliche Publikationen mit dem Thema befasst. Besonders detailliert wurde die Regeneration nach der Blütezeit in Japan untersucht. Aufgrund historischer Aufzeichnungen wurde die Blüte von P. nigra var. henonis schon vor längerer Zeit für die 2020er-Jahre vorhergesagt. Die letzte Blüte war im Zeitraum von 1903 bis 1912 und das Blühintervall beträgt etwa 120 Jahre. Die Blüte begann tatsächlich im Jahr 2020 und auf einer großen Untersuchungsfläche wurde festgestellt, dass über 80 % der Halme innerhalb der ersten drei Jahre blühten. Allerdings wurden keine Samen produziert und auch keine Sämlinge auf der Versuchsfläche gefunden, was auf eine fehlende sexuelle Reproduktion hinweist. Ebenfalls war die vegetative Vermehrung begrenzt. Es wurden zwar einige normal große Halme gebildet, die jedoch innerhalb eines Jahres wieder blühten und abstarben. Außerdem bildeten sich viele Zwerghalme (20 bis 240 cm Höhe), die überwiegend ebenfalls innerhalb eines Jahres abstarben. Dies deutet darauf hin, dass die Art große Schwierigkeiten hat, sich nach der Blüte vegetativ zu regenerieren. Allerdings überlebten zumindest 17 % dieser Zwerghalme das erste Jahr und möglicherweise kommt diesen Zwerghalmen die entscheidende Rolle bei der mittelfristigen vegetativen Regeneration zu, wenn die sexuelle Reproduktion ausscheidet.
Die potenziellen wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen des Bambussterbens sind groß. Möglicherweise können künstliche Maßnahmen wie zusätzliche Düngung oder die Neubepflanzung mit nicht blühenden Beständen (so es denn diese geben wird) die Regeneration beschleunigen und die negativen Auswirkungen abmildern. Da P. nigra var. henonis offensichtlich nach der Blüte größtenteils abstirbt, müssen die Bestände dieser Art unmittelbar nach der Blütezeit um 1900 ebenfalls verschwunden sein. Inzwischen hatten sich die Bestände in ganz Japan aber wieder angesiedelt und auf eine große Fläche ausgedehnt. Leider gibt es keine detaillierten wissenschaftlichen Aufzeichnungen über die Regeneration dieser Bambusart seit der letzten Blüte, sodass der Regenerationsprozess noch immer ein Rätsel ist. Eine wichtige Rolle spielt hier mit Sicherheit der Einfluss des Menschen. Die Verbreitung und die Bewirtschaftung dieses Bambusses in Japan werden in erheblichem Maße durch menschliche Aktivitäten beeinflusst, was dazu beitragen kann, dass die Population trotz der mangelnden Fortpflanzungsfähigkeit erhalten bleibt.
Ähnliche Ergebnisse wurden auch zur Blüte der Bambusart in Indien gewonnen. Hier wird P. nigra var. henonis im östlichen Himalaya, insbesondere in Sikkim und Westbengalen, angebaut. Es konnten auch dort trotz der massiven synchronisierten Blüte keine Samen reifen, sondern nur in einigen wenigen Ährchen unreife Samen beobachtet werden.
Zusammenfassend unterstreichen die Studien, wie wichtig es ist, Blühereignisse zu dokumentieren, um künftige Ereignisse vorherzusagen und die Auswirkungen nach der Blüte besser kontrollieren zu können. Ebenso hilft das Studium der Regeneration der Bestände, die erfolgreichen Strategien zu identifizieren und zukünftig zu optimieren.
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