Eine lebendige Flechthecke entsteht
Die Landesgartenschau 2023 in Höxter zeigt eine jahrhundertealte Technik aus Nieheim, mit der man Grundstücke auf natürliche Art und Weise begrenzen kann. Es sind lebendige Zäune, die auf dem Gelände der Landesgartenschau 2023 Höxter im Weserbogen entstehen. Eine 160 Meter lange Flechthecke ist dort angelegt worden, die im kommenden Frühjahr von den Besuchern selbst unter Anleitung gebunden und geflochten werden soll.
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Flechthecken sind eine echte Alternative zu Holzzäunen oder Sichtschutzelementen im Garten und können schnöden Stacheldraht rund um Viehweiden ersetzen. Auch in der freien Landschaft machen Flechthecken zur Abtrennung von Feldfluren ökologisch sehr viel Sinn.
Die Flechttechnik kommt aus dem 25 Kilometer entfernten Nieheim und hat dort eine jahrhundertelange Tradition. Schon um 1650 sind dort solche Hecken nachgewiesen. 2018 wurde die Nieheimer Flechthecke sogar als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Jetzt wurde auf dem LGS-Gelände nahe Schloss Corvey eine solche grüne Einfriedigung gepflanzt. „Wir bekommen also ein Kulturerbe am Welterbe Corvey“, freut sich LGS-Geschäftsführerin Claudia Koch. Das karolingische Westwerk der ehemaligen Benediktiner-Abtei ist UNESCO-Welterbe – und nebenbei das älteste Bauwerk Westfalens.
Etwa 350 große Heckenpflanzen haben Mitglieder des Nieheimer Heimatvereins gemeinsam mit Studierenden der Landschaftsarchitektur in die Erde gebracht. 40 Erstsemester der Technischen Hochschule OWL in Höxter griffen beherzt zum Spaten. „Für die angehenden Landschaftsarchitekten ist das Lehre zum Anfassen und Lehre, die im Gedächtnis bleibt.“ sagt Jessica Gabler, Ökologin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin .
Die Haselnuss-, Weißdorn- und Ahorn-Pflanzen sind schon seit über einem Jahr in einer Baumschule für diesen Zweck gezogen worden. „Die Ruten haben schon eine Höhe von zweieinhalb bis drei Metern“, berichtet Flechthecken-Fachmann Ulrich Pieper aus Nieheim. Die Länge wird auch benötigt und die Pflanzen müssen sehr dicht nebeneinander gesetzt werden, schließlich sollen sie im Frühling schon in der speziellen Nieheimer Technik geflochten werden.
Pieper und seine Helfer vom Heimatverein und der TH OWL wollen zum einen die traditionelle Nieheimer Flechthecke aus Haselnuss zeigen, die mit Weidenruten „geknotet“ wird. Zum anderen aber auch zwei sogenannte Kreuzhecken aus Weißdorn oder Ahorn. „Die ähneln einem Jägerzaun.“
Es geht darum, den Gartenbesitzern zur Landesgartenschau unterschiedliche Arten von Hecken als Anschauungsobjekt zu bieten. „Vor Weißdorn schrecken viele wegen der Dornen zurück, doch er blüht schön im Frühling und trägt Früchte im Herbst“, erläutert der Nieheimer Stadtheimatpfleger. Dagegen könnte die Ahornhecke mit schönem Blatt punkten.
Flechthecken bilden einen grünen Wall und sind wahre Multitalente: Vor allem haben sie einen hohen ökologischen Wert, weil zahllose Vögel darin brüten und sie vielen weiteren Tieren Lebensraum, Schutz und Nahrung bieten – zum Beispiel Rebhühnern, Reptilien oder Hasen. Sie sind eine gute Bienenweide und in ihrem Schatten fühlen sich bestimmte Pflanzen wohl. Zum Beispiel siedeln sich wilde Christrose (Nieswurz) und der Lerchensporn gern am Fuße von Hecken an. Flechthecken können Hochwasser abbremsen und dienen dem Klimaschutz: „Auch wenn Hecken Arbeit machen und Platz brauchen - sie binden aber sehr viel CO2“, betont Ulrich Pieper. Allerdings müssten sie regelmäßig geschnitten und in Form gebracht werden. Außerdem werfen sie natürlich im Herbst Laub ab.
Zur LGS wird Pieper mit seinem Team regelmäßig in Höxter vor Ort sein. „Die Gartenschau- Besucher können die Flechttechnik selbst ausprobieren.“ Drei bis vier Mitglieder des Heimatvereins werden immer freitags über die Pflanzung, Pflege und Vorzüge der Flechthecke informieren, auch die Studierenden der heimischen Hochschule sind eingebunden. „Auf diese Weise tragen sie dazu bei, dass das Wissen über diese schöne und nachhaltige Art, Flächen zu trennen, nicht verloren geht“, sagt Jessica Gabler. Die Landschaftsarchitekten von Morgen könnten Flechthecken bei zukünftigen Planungen berücksichtigen.
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