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KOLUMNE | TORSTEN MATSCHIESS

Filmreife Gärten

Mittlerweile verlagern sich die Plünderungen von Gärtnereien aus der digitalen wieder in die wirkliche Welt. Privatgärten öffnen nun langsam ihre Pforten, und selbst Gartenschauen scheinen völlig regulär geöffnet zu sein. Eine Suche nach „Buga Erfurt“ listet aktuell nur noch Informationen über die Veranstaltung, ohne jeden Hinweis auf Verhaltensregeln im Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen. Die Gartenwelt fühlt sich fast wieder normal an.
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Torsten Matschiess
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Da möchte ich einmal die Gelegenheit nutzen, auf ein paar interessante Filmgärten hinzuweisen. Wenn ich etwas besonders vermisste, waren das die Besuche von Lichtspielhäusern. Da viele Filme gebraucht auf DVD oder Blu-ray erhältlich sind, musste ich im Laufe der letzten Monate sogar einige Regalböden freiräumen.

Mein erster bewusster Corona-Film war der oscarprämierte „Parasite“ aus Südkorea. Ein gediegener Hausgarten stellt neben der Sichtbeton-Villa die Wohnkulisse der Reichen. Die größte Fläche ist ein gepflegter Rasen, auf dem der Junge des Hauses seine Geburtstagsfeier ausrichtet. In einer Gewitternacht, als er dort sein Indianerzelt aufstellte, sieht man dahinter die imposant sich auftürmende Gehölzwand im Wolkenschnitt. Das imposante Relief, das man durch die große Glasfront des Wohnzimmers erblickt, entstand bei aller Realitätsnähe fast vollständig am Computer.

Ein Film, den ich regelmäßig sehen möchte, ist „Orlando“ von Sally Potter. Obwohl das Budget Grenzen kannte, floss sehr viel davon in die gärtnerische Ausstattung, die sich ab ElisabethI. bis heute ständig wandelte. So wie auch das Geschlecht der Hauptdarstellerin, Tilda Swinton.

Einen erbärmlichen Garten zeigt das amüsante Musical „Romance & Cigarettes“ von John Turturro: Parallel zur Veranda sehen wir als Vorgarten eine Linie unmotiviert aufgereihter Formschnittgehölze, die sich am Maschendrahtzaun zur Straße wiederholt. Fast schon originell sind die zu weit verlegten Gehwegplatten im Rasen. Wer das schon gruselig findet, wage bitte keinen Blick auf den eigentlichen Garten, eine Kombination aus Verwahrlosung und dem Verzicht auf gärtnerische Angebote.

Einen nicht weniger traurigen Gartenausblick, diesmal auf die Elbe, gewährt uns Roland Klick in „Supermarkt“ (1974), der Kiezgeschichte von Willie und seinem Weg vom leichten zum schweren Jungen. In einer festfrierenden Kameraeinstellung verlässt er die später „Jako“ getaufte Villa seines „Gönners“ durch den parkgewordenen Mangel an Inspiration, einer Achse der Ödnis, flankiert von fantasieloser Symmetrie auf einem ungepflegten Rasen. Der spätere Eigentümer, der Modeschöpfer Lagerfeld, hatte wohl mehr Sinn für diese Anlage, die gerade wieder zum Kauf steht. Die Fotos auf der Webseite der Maklerin zeigen einen tadellosen Zustand.

Torsten Matschiess plant, schreibt und liebt Filme mit Gärten.

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