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Sir Tim Smit erhält Sonja-Bernadotte-Preis für Wege zur Naturerziehung der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft

Ein Grünes Genie, so nennt ihn der britische „The Independent“ in einem Artikel aus dem Jahr 2012. Tim Smit, den Queen Elisabeth 2011 zum Ritter ernannte, ist der Kopf hinter zwei der bekanntesten Garten-Attraktionen Englands, der Lost Gardens of Heligan und des Eden Projects in Cornwall.


Der Sohn eines niederländischen Piloten und einer Britin wurde eher zufällig Gärtner. Er studierte Anthropologie und Archäologie an der Durham University, wechselte dann ins Musikgeschäft, aber als er durch Zufall auf einen seit vielen Jahrzehnten verlassenen Garten in Cornwall stieß, ließ er die Musik hinter sich.

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Mainau
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Größter Indoor-Regenwald als James Bond-Filmkulisse

Über die Landesgrenzen hinaus ist vor allem Smits Eden Project bekannt. Garten- und Touristenattraktion, Zentrum für schulische sowie außerschulische Weiter- und Erwachsenenbildung, Bond-Filmkulisse, Veranstaltungsort für Garten- und Musikfestivals, Ursprung zahlreicher Initiativen in den Bereichen Umwelt und Soziales – das Eden Project ist weit mehr als ein Landschaftsgarten. „Dabei scheinen die Impulse, Menschen mit Natur in Verbindung zu bringen, schier unendlich zu sein“, so Jonas Reif, Chefredakteur von Ulmers Pflanzenmagazin „Gartenpraxis“ in seiner Laudatio. Sir Tim habe eines verstanden: „Menschen - und Kinder im Besonderen - wollen keine Aneinanderreihung von Fakten hören, sondern Geschichten erzählt bekommen, die sie verstehen, die Zusammenhänge vor Augen führt und sie teilhaben lässt“, so Jonas Reif weiter. Um Sir Tim Smit für seine außergewöhnlich innovativen Verdienste im Bereich der Naturerziehung zu ehren, erhielt er im Rahmen eines Festveranstaltung am 16. Oktober 2014 auf Schloss Mainau den Sonja-Bernadotte-Preis für Wege zur Naturerziehung, der seit 1992 jährlich von der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft (DGG) vergeben wird. Bisher haben ihn unter anderem Prof. Dr. Hans-Joachim Lehnert (Leitung ökologischer Lehrgarten der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und Vorstandsmitglied der BundesArbeits-Gemeinschaft Schulgarten (BAGS), Dr. Karin Blessing (stellvertretende Leitung Umweltakademie Baden-Württemberg) oder Jürgen Dahl erhalten.

Umweltbildung ist heute oft gähnend langweilig

DGG-Präsidiumsmitglied und Mainau-Geschäftsführerin Bettina Gräfin Bernadotte nutzte die Anwesenheit Sir Tim Smits und brachte ihn mit in der Umweltbildung Aktiven aus ganz Deutschland zu einem Ideenaustausch zusammen. Sie selbst startete erst im vergangenen Jahr die Initiative „Europa Minigärtner“, die Kinder durch die Arbeit im Garten näher an die Natur bringen soll. Mit den ersten Worten Tim Smits war klar: Er ist ein Geschichtenerzähler und Vermarkter, dem man gerne zuhört. Dabei vermarktet er nicht nur seine Gartenprojekte sondern auch die Natur selbst. Aus seiner Zeit als Musiker hat er gelernt: „Wenn du etwas wirklich magst und du kein Freak bist, dann kannst du davon ausgehen, dass es auch viele tausend andere Menschen mögen“. Der Schlüssel läge dann lediglich in der Vermarktung. „Und eines noch ist wichtig, und das wird oft falsch gemacht, man muss die Menschen dort abholen, wo sie sind“, so Sir Tim weiter. Das musste er leidvoll erfahren. So wollte der Familienvater schon kurz nach der Eröffnung der Gärten von Heligan Kindergruppen durch die verwunschene Gartenwelt führen, im Glauben, alle Kinder würden ihn mögen wie seine eigenen. Sie belehrten ihn eines Besseren und brachten ihn fast dazu, sich krank zu stellen, wenn wieder eine Gruppe junger Menschen anreiste. Seine Lösung lag stattdessen darin, die Kinder mit einer Geschichte zu begrüßen. „Ich erzählte ihnen von einer Pflanze, die die Azteken nutzten, um Menschenopfer ruhig zu stellen, wenn ihnen das Herz aus dem Leib gerissen wurde.“ Schon seien sie aufmerksam und interessiert gewesen.

Spätestens wenn die Figuren nackt dastehen lachen alle

Dieses „Storytelling“ nutzt er z.B. auch, wenn er ein Spiel aufbaut, in der ein klassisches Familienessen gezeigt wird. Nach und nach verschwinden alle Dinge, die es ohne Pflanzen nicht gäbe, zuerst das Gemüse auf dem Tisch, irgendwann die Kleidung und dann die Milch, die die Katze unterm Tisch gerade zu sich nehmen möchte. „Spätestens wenn die Figuren nackt dastehen lachen alle“, so Sir Tim und haben begriffen, dass, wenn der Planet leidet, wir Menschen leiden. „Humor ist ein wichtiger Aspekt beim Lernen“ bestätigte Tim Smit. Mit einer Skulptur aus dem Elektroschrott, den ein Mensch in den westlichen Industrienationen in seinem Leben produziert, will er Menschen dazu bringen, sauer zu sein, sauer auf sich selbst aber auch auf diejenigen, die Dinge produzieren, die man nicht reparieren kann. Wie wichtig und aktuell es ist, Natur als Basis unseres Lebens zu vermitteln, zeigte eine von Prof. Wittkowske von der Universität Vechta zitierte Studie, nach der die Naturentfremdung bei Kindern auf dem Land genauso ausgeprägt sei wie in der Stadt. Er fordert: „Kindern muss die Möglichkeit gegeben werden, Natur in ihrer Ursprünglichkeit zu begegnen“. Adventureparks könnten lediglich eine Ergänzung sein. Sir Tim sieht die Funktion gestalteter Natur gerade darin, dass Menschen das Geordnete gewohnt sind und sich in allzu unberührter Natur unwohl fühlen. Seiner Meinung nach sind diese Angebote der Umweltbildung Mittel Menschen Schritt für Schritt wieder zu ursprünglicher Natur zu bringen. In „Eden“ nutze er die exotische Dschungelwelt der riesigen Glashäuser, setze sie in einen scheinbaren Kontrast zur heimischen Natur drum herum, um den Besuchern zu verdeutlichen, dass es auch hier viel Exotisches und Spannendes gibt, es eben nur anders aussieht.

Gartenarbeit bekämpft Vandalismus

Gartenarbeit spiele eine wichtige Rolle, nicht nur um Natur wertzuschätzen, sondern auch in Bezug auf das menschliche Zusammenleben. Das Arbeiten im Garten verdeutliche, wie viel Mühe und Arbeit hinter vielem steckt und helfe so bei der Bekämpfung von Vandalismus an der Wurzel des Problems. Darüber hinaus sei die Gartenarbeit noch für einen weiteren Aspekt wichtig. Wir alle seien auf der Suche nach dem Glück. Dieses sei aber in Wahrheit ein Moment und diesen Moment erlebe der Mensch z.B. wenn er das Erlebnis hat etwas geschaffen bzw. gesät zu haben. Dies würde deutlich, wenn sich der Gärtner z.B. nach getaner Arbeit auf den Spaten stützt und sein Werk betrachtet. „Natur macht uns wirklich glücklich und hätten wir alle Erde unter unseren Fingernägeln, so gäbe es keine Kriege“, sagt Tim Smit.

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