Neue Bücher im Januar 2013
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Gärten und Politik. Vom Kultivieren der Erde.
Britta Reimers (Hrsg.). 320 S., Pp, 29,90 €. Oekom Verlag, München, 2010. ISBN 978-3-86581-158-5
Vor wenigen Jahren fand in Hamburg eine Vortragsserie der Landeszentrale für politische Bildung zum Thema „Gärten und Politik“ statt. Diese Vorträge waren nicht in der üblichen rein historischen Abfolge, sondern versuchten sich patchworkartig dem Thema Garten anzunähern. Im vorliegenden Buch sind die Vorträge in schriftlicher Form veröffentlicht. 19 Autorinnen beleuchten in unterschiedlicher Sicht Themen im Umfeld des Gartens. Landschaftsarchitekten und Gärtner befinden sich eher in einer Minderheit. Darüber hinaus gibt es Architekturtheoretiker, Botaniker, Bodenkundler, eine Dramaturgin und Geografin, Kunsthistoriker und Literaturwissenschaftler. Daraus ist ein für den Gartenbuchmarkt eher untypisches, aber facettenreiches Buch entstanden, das man nicht von vorn bis hinten durchliest, in dem man aber immer wieder blättert und einzelne Artikel liest. Das Buch macht deutlich, dass der Garten eine unendliche Geschichte fortschreibt und dass es neben dem tatsächlichen materiellen Garten auch immer innere, politische und geistige Gärten gibt. Neben Artikeln, die man schon in ihrer Argumentation einmal gelesen hatte, die eine sehr spezielle Fragestellung referieren, gibt es auch solche, die einen Blick für überraschende Zusammengänge öffnen. So ist ein empfehlenswertes Buch entstanden, das für den Zusammenhang von Gesellschaft und Garten sensibilisiert. Die beiden für mich wichtigsten politischen Tendenzen der letzten Jahrzehnte fehlen erstaunlicherweise. So werden weder die heutige private Gartenmanie beschrieben, noch die sich ständig verstärkenden Einsparungen bei öffentlichen Grünflächen.
Prof. Dr. Jürgen Milchert
Garten-Design. Farben, Formen, Strukturen.
Jacqueline van der Kloet. Mit Fotos von Graf Ferdinand von Luckner. 176 S., 210 Farbf., 15 Zeichn., Pp + SU, 39,95 €. BLV Buchverlag, München, 2012. ISBN 978-3-8354-0977-4
Das Ärgerliche vorweg: Warum muss es immer die Eier legende Wollmilchsau „Garten- Design“ sein. Verkaufen sich Bücher, die den wahren Inhalt im Titel tragen, wirklich so schlecht? Man fragt sich schon, ob die Verlage nicht wissen, worüber ihre Autoren schreiben. Oder kann man es einfach nur nicht in Worte fassen? Jacqueline van der Kloet ist derzeit die weltweit bekannteste Planerin für Blumenzwiebelpflanzungen. Sicher: Sie gestaltet auch Gärten und weiß mit anderen Pflanzen umzugehen. Bekannt geworden ist die „Garteninnenarchitektin“ aber vor allem für ihre Geophyten- Bepflanzungen. Und genau die stehen im Mittelpunkt des Buches – gut so! In dem persönlich gehaltenen Buch stellt die Autorin verschiedene Projekte der vergangenen Jahre vor. Sie beschreibt die örtlichen Gegebenheiten, Wünsche der Auftraggeber, ihr Konzept und deren Umsetzung. Diese sehr aufschlussreichen und spannenden Abschnitte werden von längeren gestaltungstheoretischen Passagen (aber immer mit Bezug zur Blumenzwiebel!) und kürzeren Kästen aufgelockert. In letzteren finden sich häufig Tipps für Pflanzenkombinationen oder von der Autorin besonders geschätzte Spezies. Hierbei offenbart sich ein weiterer Kritikpunkt an dem Buch. Es ist zwar mit hervorragenden Großbildern von Ferdinand Graf von Luckner ausgestattet, die Lust und Laune auf Tulpen & Co machen, allerdings nur wenige der im Text genannten Arten und Sorten zeigen. Man benötigt also entweder sehr umfangreiche Pflanzenkenntnisse oder einen gut bebilderten Blumenzwiebel- und Staudenkatalog, um die Gedanken von Jacqueline van der Kloet nachvollziehen zu können. Dies spricht eher für Leser mit Vorbildung, die jedoch dann von den praktischen Tipps im Ratgeberstil zur Arten- und Sortenwahl sowie zur Pflanzung enttäuscht sein dürften („Dann gibt es noch besondere Arten, wie Fritillaria und Camassia, die eine eigene Gebrauchsanleitung benötigen. Wir halten uns hier aber an das Einsteigersortiment [mit] Tulpen und Narzissen“.) Alles in allem zeigt das Buch, wie vielfältig und bereichernd sich unterschiedlichste Gärten mit Blumenzwiebeln „tunen“ lassen – gut so zum zweiten.
Jonas Reif
Eine Blattlaus kommt selten allein. Aus dem Leben einer wild entschlossenen Gärtnerin.
Margit Schönberger. 234 S., Pp, 14,99 €. Droemer Knaur Verlag, München, 2012. ISBN 978-3-426-65502-3
Man weiß nicht, worüber man sich mehr wundern soll. Über die Frau vom Buch-Fach, über den Verlag, über das Lektorat? Nein, dieses Buch wird nicht gebraucht. Nicht vom erfahrenen Gärtner, der auf den gut 230 wie Kaugummi in die Länge gezogenen Seiten wenig gediegen Unterhaltsames findet, und vom grünen Anfänger erst recht nicht, der zwischen lauter Übertreibungen und gequälter Witzigkeit noch weniger Anregendes und Umsetzbares entdeckt. Die Kernerkenntnis? Hier wurde nicht gearbeitet. Margit Schönberger hat jede Mühe zur Vertiefung und Vervollständigung gemieden und gerade deshalb ist das niedergeschriebene Plauderei- Imitat nichts weniger als mühelos. Stattdessen lauter „Als-Ob-Dramen“, „Als- Ob-Humor“, „Als-Ob-Empörung und -Emphase“. Auf jeder Buchseite Gemeinplätze, Füllwörter, ungenaue Beobachtungen, Halbwissen und Geschwätzigkeit. Ein langes Buch zum kurze n Inhalt. Ein überflüssiges Buch, das nach einigen verschwendeten Lesestunden auch einen wohlwollenden Rezensenten wütend macht. Und kathartisch- bissig.
Ralf Lilienthal
Helleborus. Eine Monografie.
Christine Becker. 181 S., zahlr. farb. Abb. und Farbfotos, Pp + SU, 59 €. Edition ViriditArt, Wendisch Rambow, 2011. ISBN 978-3-00- 035275-1
Die Autorin präsentiert eine reich bebilderte „Monografie“, ein Attribut, hinter welchem der Inhalt des Buches deutlich zurückbleibt. Das Buch hat drei Schwerpunkte: Bis Seite 68 wird die Historie der Helleborus als Heilpflanze, als Art, als Kulturpflanze behandelt, weitgehend referierend, mit besonderer Gewichtung der Antike und des Mittelalters. Erkenntnisse zur Botan ik und vor allem Entwicklungen der Züchtungen sind unzureichend bearbeitet. Bis Seite 96 folgt die Beschreibung von 21 Arten auf 15 Textseiten. Der botanische Aufbau der Blüte wird dargestellt, es fehlen das Grundprinzip der Blattformen, der Aufbau sowie Gesamthabitus der Arten. Eingefügt sind Teilporträts (Blütenstängel, Blüte, Hochblatt) von 13 aus der Kultur stammenden Formen. Aufnahmen von Naturstandorten und Verbreitungskarten fehlen. Die knappen, leider auch teils falschen Informati onen reichen wede r zum Kennenlernen noch zum Bestimmen. Ab Seite 101 folgen über 60 Teilporträts von sogenannten „Märchenhybriden“ aus weitgehend eigenem Bestand ohne fachliche Erklärung und in mäßiger Bildqualität. Die Literaturangaben am Ende des Buches sind in der Rege l ohne Zitatangaben. Die im Text oft fehlenden Zuordnungen der Abbildungen aus der Litera tur erschließen sich erst ab Seite 176.
Gisela Schmiemann
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